Bundesverwaltungsgericht: Ungültigkeit einer Bewohnerparkgebührensatzung

Das Bundesverwaltungsgericht hat mit Urteil vom 13.06.2023 (9 CN 2.22) u. a. entschieden, dass die Kriterien, nach denen die Gebühren für das Ausstellen von Bewohnerparkplätzen festgesetzt werden können, abschließend in § 6a Abs. 5a Satz 3 Straßenverkehrsgesetz (StVG) geregelt sind. Bewohnerparkgebühren seien danach nur zum Zwecke der Kostendeckung und des Vorteilsausgleichs zulässig. Klimapolitische Lenkungszwecke und soziale Zwecke dürften dagegen nicht zur Rechtfertigung der Gebührenhöhe herangezogen werden.

Gegenstand des verwaltungsgerichtlichen Normenkontrollverfahrens war eine Satzung der Stadt Freiburg im Breisgau über die Erhebung von Bewohnerparkgebühren. Danach betrug die Gebühr für das Ausstellen eines Bewohnerparkausweises jährlich 360 Euro. Bei Fahrzeugen mit einer Länge von weniger als 4,21 m betrug die jährliche Gebühr 240 Euro und bei Fahrzeugen mit einer Länge von mehr als 4,70 m 480 Euro. Für Personen, die Leistungen nach SGB II, SGB XII, Kriegsopfer (Bundesversorgungsgesetz) und AsylbLG sowie Personen, die Wohngeld erhalten, wurde die Gebühr in Höhe von 25% der sich nach der Länge des Fahrzeugs richtenden Gebührenhöhe festgesetzt. Vergleichbare Regelungen gab es auch für Menschen mit Behinderungen.

§ 6a Abs. 5a Satz 1 Straßenverkehrsgesetz (StVG) bestimmt, dass die nach Landesrecht zuständigen Behörden Gebühren für das Ausstellen von Parkausweisen für Bewohner städtischer Quartiere mit erheblichem Parkraummangel erheben können. Nach § 6a Abs. 5a Satz 2 StVG werden die Landesregierungen ermächtigt, für die Festsetzung der Gebühren Gebührenordnungen zu erlassen. Nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts ermächtigt die Norm zum Erlass von Rechtsverordnungen. Werde diese Ermächtigung nach § 6a Abs. 5a Satz 5 StVG auf Gemeinden als örtliche oder untere Straßenverkehrsbehörden weiter übertragen, könnten die Gemeinden die Gebührenordnungen nur als Rechtsverordnungen erlassen. Eine Ausgestaltung der Gebührenordnungen als Satzung sei rechtlich nicht zulässig.

Die bei der Gebührenbemessung zu berücksichtigenden Kriterien sind nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts abschließend in § 6a Abs. 5a Satz 3 StVG geregelt. Die Norm ermögliche allein, bei der Festsetzung der Gebühren neben den Verwaltungskosten den mit der Ausstellung des Bewohnerparkausweises vermittelten Vorteil zu berücksichtigen. Dies schließe klimapolitische Lenkungszwecke und soziale Zwecke zur Rechtfertigung der Gebührenhöhe aus.

Mit diesem Maßstab vereinbar hält das Bundesverwaltungsgericht allein die Regelung über die unabhängig von der Länge eines Fahrzeugs festgesetzte jährliche Gebühr in Höhe von 360 Euro. Es sieht insbesondere in der Höhe der Gebühr keinen Verstoß gegen das Äquivalenzprinzip. Die Gebührenhöhe stehe in keinem groben Missverhältnis zum Gebührenzweck des in § 6a Abs. 5a StVG geregelten Vorteilsausgleichs. Dieser lasse sich anhand derjenigen Kosten abschätzen, die den Bewohnern entstünden, wenn sie nicht über die durch den Bewohnerparkausweis eröffneten Parkmöglichkeiten verfügten. Zu diesen Kosten gehörten etwa die Mietkosten für private Dauerparkplätze, die Kosten für die Herstellung und Unterhaltung eines eigenen privaten Stellplatzes oder die Parkgebühren auf öffentlichen Wegen und Plätzen, von denen die Inhaber eines Bewohnerparkausweises befreit seien. Diese Kosten hätten im Jahr 2022 jeweils ein Vielfaches der Jahresgebühr von 360 Euro betragen, so dass kein grobes Missverhältnis zwischen der Höhe der Gebühr und dem durch die Erteilung von Bewohnerparkausweisen vermittelten Vorteil bestanden habe.

Die Gebühr in Höhe von 360 Euro sei auch nicht deshalb rechtswidrig, weil der Verwaltungsaufwand für die Ausstellung eines Bewohnerparkausweises nach den einschlägigen Gebührenregelung der Stadt zwischen 10,20 Euro und 30,70 Euro betragen habe. Die Gebühr habe damit das 35,3-Fache bzw. 11,7-Fache der zu deckenden Kosten betragen. Damit habe die Stadt aber nicht gegen die das Verbot der Abkoppelung der Gebührenhöhe von den Kosten der öffentlichen Listung gezogenen Obergrenze der Gebührenbemessung verstoßen. Zwar habe das Bundesverfassungsgericht Gebühren als verfassungswidrig angesehen, die das 12-Fache des Verwaltungsaufwands betragen hätten. Dabei hätte es sich aber um Fälle gehandelt, in denen die Kostendeckung der alleinige Gebührenzweck gewesen sei. Bei den Gebühren für das Ausstellen eines Bewohnerparkausweises sei aber neben dem Zweck der Deckung der Verwaltungskosten auch der Vorteilsausgleich Zweck der Gebühr. Der mit dem Ausstellen der Bewohnerparkausweise verbundene Verwaltungsaufwand sei nicht ohne jegliche Auswirkungen auf die Gebührenhöhe geblieben. Bei gebühren von 360 Euro würden Kosten in einer Größenordnung von 10,20 Euro und 30,70 Euro einen spürbaren Beitrag zur Gebührenhöhe leisten, der sich nicht erst „hinter dem Komma“ auswirke.

Die nach der Länge der Fahrzeuge differenzierenden und damit klimapolitischen Lenkungszwecken dienenden Regelungen (240 Euro und 480 Euro) und die Regelungen über die Reduzierung der Gebühren aus sozialpolitischen Erwägungen seien dagegen rechtswidrig, weil sie nicht mehr mit dem Gebührenzweck des Vorteilsausgleichs gerechtfertigt werden könnten.

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