BVerwG: Zweifel am Zugang eines Verwaltungsakts schon bei einfachem Bestreiten

Das Bundesverwaltungsgericht hat mit Urteil vom 29.11.2023 – BVerwG 6 C 3.22 zu den Anforderungen an das Bestreiten, die Zweifel am Zugang eines Verwaltungsakts im Sinne des § 41 Abs. 2 Satz 3 Halbsatz 2 VwVfG begründen, Stellung bezogen.

Vorausgegangen war ein Verfahren über die Erhebung rückständiger Rundfunkbeiträge. Der Schuldner hatte behauptet, die insgesamt sieben Festsetzungsbescheide und zwei Mahnungen nicht erhalten zu haben, obwohl bei der Behörde kein Rücklauf der Sendungen zu verzeichnen war. Erst im Rahmen einer Vollstreckungsmaßnahme gab der Kläger an, die Bescheide nicht zu kennen und bat dann gegenüber der Behörde um deren Übersendung. Die Behörde kam der Bitte nach, woraufhin der Schuldner Widerspruch erhob. Das Verwaltungsgericht Dresden und das Sächsische Oberverwaltungsgericht wiesen die Anfechtungsklagen als unzulässig ab, weil der Kläger die Widerspruchsfrist versäumt habe. Das bloße Bestreiten des Zugangs der Bescheide genüge nicht, um Zweifel an deren Zugang zeitnah nach der ursprünglichen Versendung zu begründen.

In dem Revisionsverfahren wies das Bundesverwaltungsgericht darauf hin, dass die Entscheidung des Berufungsgericht § 41 Abs. 2 VwVfG verletze. § 41 Abs. 2 Satz 1 VwVfG enthalte sowohl eine – im Streitfall nicht relevante – gesetzliche Fiktion des Zugangszeitpunkts als auch eine widerlegliche Vermutung der Bekanntgabe. Das Eingreifen der Bekanntgabevermutung gemäß § 41 Abs. 2 Satz 1 VwVfG setze voraus, dass der Zeitpunkt der Aufgabe zur Post als Ereignis, das den Lauf der Drei-Tage-Frist auslöst, feststeht. Mangelt es an einem geeigneten Nachweis der Aufgabe zur Post und steht damit das Datum der Aufgabe nicht fest, greife die Vermutung schon nicht ein und die Behörde müsse den Zugang und Zugangszeitpunkt nachweisen.

Die Bekanntgabevermutung entfällt gemäß § 41 Abs. 2 Satz 3 VwVfG, wenn der Verwaltungsakt nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist (Halbsatz 1); bei Zweifeln am Zugang oder seinem Zeitpunkt ist die Behörde nachweispflichtig. Zweifel in diesem Sinne des § 41 Abs. 2 Satz 3 Halbsatz 2 VwVfG seien schon dann gegeben, wenn die Behörde oder das Gericht den Zugang des Verwaltungsakts für ungewiss hält. Zur Darlegung von Zweifeln genüge regelmäßig das einfache Bestreiten des Zugangs, weil einem Adressaten, der den Zugang überhaupt bestreitet – anders als bei einem verspäteten Zugang – eine weitere Substantiierung typischerweise nicht möglich sei. Erweist sich das Bestreiten des Zugangs unter Berücksichtigung aller Umstände des konkreten Einzelfalls als bloße Schutzbehauptung, bestünden keine Zweifel. Nach persönlicher Anhörung des Klägers war das Gericht davon überzeugt, dass der Kläger bereits die ursprünglichen Bescheide erhalten hatte und sein Bestreiten des Zugangs eine Schutzbehauptung und unwahr gewesen ist. Die Entscheidungen der Vorinstanzen wurden daher im Ergebnis bestätigt.

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