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Landgericht Lübeck: Urteil v. 20.02.2024, Az. 10 O 91/23: Erst das Geld, dann die Küche?

Der Kläger bestellte 2020 bei der Beklagten eine von dieser zu planende, herzustellende und zu liefernde Küche zu einem Preis von 26.950,00 € brutto; einen Betrag i.H.v. 13.475,00 € leistete er als Anzahlung. Der zwischen den Parteien geschlossene Vertrag sah u.a. vor: „Der vollständige Restbetrag ist ohne Abzüge bei Anlieferung in bar gegenüber unserem Fahrer/Monteur fällig oder kann von Ihnen per Vorabüberweisung auf unser Geschäftskonto ausgeglichen werden. Bitte achten Sie in diesem Fall darauf, dass der Betrag rechtzeitig bei uns gutschrieben ist, sodass wir bei der Auslieferung Ihrer Küche dem Fahrer noch den Zahlungseingangsbeleg mitgeben können.“


Bei Anlieferung der Küche im Juli 2021 weigerte sich der Kläger, die Restzahlung vor dem Abladen und Montieren der Küche zu leisten, weshalb die Monteure diese wieder mit nahmen. Eine vom Kläger im September 2021 gesetzte Frist zu Vertragserfüllung binnen zwei Wochen verstrich fruchtlos. Es folgte ein Rechtsstreit vor dem LG Lübeck, die Beklagte wurde dazu verurteilt, die Küche zu liefern und zu montieren, allerdings nur Zug-um-Zug gegen Zahlung von 13.475,00 €.
Zur Lieferung der Küche kam es weiterhin nicht, weil der Kläger weiterhin die Auffassung vertrat, vor Montage der Küche nicht zu Zahlung verpflichtet zu sein. Stattdessen erklärte er den Rücktritt vom Kaufvertrag und forderte von der Beklagten die Rückzahlung der geleisteten Anzahlung sowie eine Nutzungsausfallentschädigung i.H.v. 13.200,00 € wegen der Nichtmontage der Küche. Die Beklagte trat dem mit Verweis auf den entsprechenden Passus im Vertrag entgegen.


Das Landgericht verurteilte die Beklagte zur Rückzahlung des angezahlten Betrages, eine Nutzungsausfallentschädigung sei indes vom Kläger nicht zu verlangen:
Es liege ein Vertrag vor, der die Lieferung herzustellender oder zu erzeugender beweglicher Sachen zum Gegenstand habe, weshalb gem. § 650 Abs. 1 BGB Kaufrecht anzuwenden sei. Der Schwerpunkt der vertraglichen Leistungspflicht liege auf der Verschaffung von Eigentum und Besitz, das ergebe sich auch aus dem für die Montage lediglich i.H.v. 750,00 € in Ansatz gebrachte Pauschalbetrag. Der Kläger sei nicht dazu verpflichtet gewesen, den ausstehenden Restbetrag vor Ablieferung und Montage der Küche an die Beklagte zu zahlen, denn der Vertrag sei insofern unwirksam:


„Die Vereinbarung der vollständigen Zahlung, bevor der Verkäufer mit der von ihm geschuldeten Montage als Hauptleistungspflicht begonnen hat, führt zu einer Vorleistungspflicht des Käufers, die mit der synallagmatischen Verknüpfung der kaufrechtlichen Hauptleistungspflichten nicht zu vereinbaren ist. Der Verstoß der Allgemeinen Geschäftsbedingungen gegen das gesetzliche Leitbild führt im Zweifel zu deren Unwirksamkeit. Anderes gilt, wenn die Leitbildabweichung sachlich gerechtfertigt ist und der gesetzliche Schutzzweck auf andere Weise sichergestellt wird. […] Die Klausel ist gleichwohl unwirksam, weil die Beklagte die berechtigten Interessen ihrer Kunden in keiner Weise berücksichtigt hat. […] Die Kunden werden verpflichtet, vor dem Einbau der
anzuliefernden Gegenstände die volle Vergütung zu zahlen. Sie verlieren auf diese Weise jedes
Druckmittel, falls der Einbau mangelhaft ist. Das ist eine unangemessene Benachteiligung des
Kunden, mit der die Beklagte ihre Absichten einseitig durchgesetzt und nicht für einen
sachgerechten Interessenausgleich Sorge getragen hat.“.


Einen Anspruch des Klägers auf Nutzungsentschädigung verneint das Landgericht. Der Verlust von
Nutzungsvorteilen stelle im vorliegenden Fall keinen ersatzfähigen Schaden i.S.d. §§ 249 ff. BGB dar.
Denn ein solcher Schaden sei in Fällen, in denen Vertragsgegenstand die Gebrauchsüberlassung an
einer Sache ist, nur anzunehmen, wenn dem Geschädigten eine ihm bereits gehörende Sache zeitweise
entzogen oder vertraglich zu gewährende Gebrauchsvorteile oder Nutzungen nicht gewährt würden.
Ein Nutzungsausfallschaden liege aber nicht vor, wenn eine Sache – wie vorliegend - erst noch
hergestellt werden müsse. Die bestellte Einbauküche werde erst durch ihre Montage zu einer
nutzbaren Sache, bis dahin existiere für den Kläger noch überhaupt keine gebrauchstaugliche Sache,
weshalb ihm durch die verspätete Fertigstellung auch kein Nutzungsvorteil entgangen sei, denn ein
Nutzungsvorteil sei nie gegeben gewesen.

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