OVG Münster: Anspruch auf Nutzung einer kommunalen Einrichtung

Das Oberverwaltungsgericht in Münster hat mit Beschluss vom 22.03.2023 – 15 B 244/23 über den Anspruch auf Nutzung einer kommunalen Einrichtung zu entscheiden.

Die Gemeinde verfügte, betrieben von einer kommunalen Gesellschaft, über eine Veranstaltungshalle, deren Widmungszweck darin bestand, Veranstaltungen aller Art, insbesondere Messen, Ausstellungen, Tagungen und Kongresse, Kultur-, Sport- und Unterhaltungsveranstaltungen, durchzuführen oder deren Durchführung zu ermöglichen. Der Gemeinderat hatte einen zusätzlichen Beschluss gefasst, in dem er sich einer Grundsatzerklärung eines Netzwerks zur Bekämpfung von Antisemitismus anschloss, wonach u.a. Organisationen, Vereinen und Personen, die etwa den Holocaust leugnen oder relativieren, die Existenz Israels als jüdischen Staat delegitimieren, zu antijüdischen oder antiisraelischen Boykotten aufrufen, diese unterstützen oder entsprechende Propaganda verbreiten oder die anderweitig antisemitisch agieren, keine Räumlichkeiten oder Flächen zur Verfügung gestellt werden sollen. Auf dieser Grundlage verweigerte die kommunale Gesellschaft die Nutzung der Veranstaltungshalle für einen Vortrag zu den Ursachen des Ukrainekriegs.

Das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen verpflichtete die Gemeinde, auf die kommunale Gesellschaft dahingehend einzuwirken, der Antragstellerin die Halle für den Vortrag zur Verfügung zu stellen. Die Beschwerde der Gemeinde hiergegen wies das Oberverwaltungsgericht Münster ab.

Stellt eine Kommune eine öffentliche Einrichtung im Rahmen der jeweiligen Widmung für die Durchführung von bestimmten Veranstaltungen zur Verfügung, entstehe dadurch ein Gleichbehandlungsanspruch aus Art. 3 GG in Verbindung mit dem Grundsatz der Selbstbindung der Verwaltung. Der Widmungszweck der Halle umfasste hier grundsätzlich auch den Vortrag zum Ukrainekrieg. Das Gericht hat offengelassen, ob der ergänzende Gemeinderatsbeschluss überhaupt eine Einschränkung des Widmungszwecks darstellt. Eine Widmungsbeschränkung mit dem Inhalt der wiedergegebenen Grundsatzerklärung sei in dieser Allgemeinheit, soweit sie über einen (deklaratorischen) Ausschluss strafbaren Verhaltens hinausgeht, unwirksam. Sie verstoße gegen die grundrechtlichen Gewährleistungen der Meinungsfreiheit, weil sie nachteilige Rechtsfolgen, nämlich den Ausschluss von der Nutzung öffentlicher kommunaler Einrichtungen, an Meinungsäußerungen mit einem bestimmten Inhalt knüpfe, und zwar nicht nur solche, die strafbar sind. Dieser Grundrechtseingriff sei nicht gerechtfertigt, weil eine Beschränkung nur durch allgemeine Gesetze möglich sei. Der Gemeinderatsbeschluss erfülle diese Voraussetzungen nicht, weil er nicht meinungsneutral sei. Im Übrigen war nichts dafür erkennbar, dass bei der konkreten Veranstaltungen Rechtsverstöße zu erwarten waren. Die Gemeinde musste die Halle zur Verfügung stellen.

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