OVG NRW: Zur „aktiven Duldung“ eines Schwarzbaus
Das Oberverwaltungsgericht des Landes Nordrhein-Westfalen hat mit Beschluss vom 11.10.2022 – 2 B 947/22 nochmals zu den Voraussetzungen einer aktive Duldung eines Schwarzbaus Stellung genommen und klargestellt, dass die bloße Kenntnis und Hinnahme des Bauvorhabens durch die Behörden nicht ausreichend ist.
In dem entschiedenen Fall hatte der Grundstückseigentümer ein Gebäude ohne eine Baugenehmigung errichtet und Jahre lang genutzt. Dies wusste neben der allgemeinen Bevölkerung auch der Bürgermeister der Gemeinde sowie Mitarbeiter der Gemeindeverwaltung. Das Bauvorhaben erhielt sogar einen Anschluss an die öffentlichen Wasser- und Abwasserleitungen und eine Hausnummer. Mündlich hatte der Bürgermeister auch erklärt, gegen das Bauvorhaben wohl nicht einschreiten zu wollen. Eine schriftliche Bestätigung lag dem Grundstückseigentümer aber nicht vor. Die zuständige Gemeinde hatte dann wegen der fehlenden Baugenehmigung eine Nutzungsuntersagung mit Zwangsgeldandrohung erlassen. Hiergegen wendete sich der Grundstückseigentümer erfolglos mit einem verwaltungsgerichtlichen Eilverfahren.
Die Gerichte stellten fest, dass sich der Grundstückseigentümer zunächst nicht auf eine Zusicherung des Bürgermeisters berufen kann, da eine Zusicherung schriftlich erfolgen müsse. Er konnte sich aber auch nicht auf Vertrauensschutz aufgrund der jahrzehntelangen Duldung berufen. Angesichts des Ausnahmecharakters und der dadurch faktisch bestehenden Baugenehmigung müssen den Erklärungen der Behörde mit hinreichender Deutlichkeit zu entnehmen sein, ob, in welchem Umfang und gegebenenfalls über welchen Zeitraum die Duldung des illegalen Zustands erfolgen soll. Allein die Untätigkeit der Behörde auch über einen langen Zeitraum reiche nicht aus, um eine aktive Duldung anzunehmen und damit einen schutzwürdigen Vertrauenstatbestand zu schaffen. Die bloße Hinnahme eines formell illegalen Vorhabens selbst über einen langen Zeitraum hindert die Bauaufsichtsbehörde nicht, eine Nutzungsuntersagung oder Beseitigungsanordnung zu erlassen. Die Versorgung mit Wasser und Strom, die Erhebung von Gebühren und Entgelten hierfür und die Vergabe einer Hausnummer führen nicht zu einem Vertrauensschutz im Sinne einer aktiven Duldung. Diesen Umständen könne nämlich keine eindeutige Erklärung dahingehend entnommen werden, ob, in welchem Umfang und über welchen Zeitraum der baurechtswidrige Zustand hingenommen werden soll. Dies wäre aber erforderlich, da der aktiven Duldung faktisch die gleichen Wirkungen wie eine Baugenehmigung zukommt.
Die Entscheidung zeigt erneut, dass selbst bei jahrelanger Kenntnis der Bauaufsichtsbehörde über eine illegale bauliche Anlage diese nicht gehindert ist, auf die Schaffung baurechtmäßiger Zustände auf dem Grundstück hinzuwirken. Der Grundstückseigentümer wird sich daher nur in Ausnahmefällen mit Erfolg auf Vertrauensschutz berufen können.