VG Dresden: Befangenheit von Gemeinderäten bei Bebauungsplänen
Mit noch nicht rechtskräftigem Urteil vom 26.01.2023 – 7 K 1851/20 hat das Verwaltungsgericht Dresden im Rahmen eines Kommunalverfassungsstreits zur Befangenheit von Gemeindesratsmitgliedern bei einer Beschlussfassung über die Auslegung eines Bebauungsplanentwurfs zu entscheiden.
Die vier Kläger sind Mitglieder des beklagten Gemeinderates. Sie bzw. nahe Angehörige besitzen Grundstücke entweder im Geltungsbereich des Bebauungsplans oder an dessen Grenze, aber außerhalb des Plangebiets. Alle vier Gemeinderäte wurden von der Beratung und Beschlussfassung über den Billigungs- und Auslegungsbeschluss zum Entwurf des Bebauungsplans wegen Befangenheit nach § 20 Abs. 1 SächsGemO ausgeschlossen. Hiergegen wandten sich die Gemeinderäte mit ihrer Klage.
Das Verwaltungsgericht Dresden stellte fest, dass der Ausschluss rechtswidrig war, soweit es die Gemeinderäte betraf, deren Grundstücke nicht im Geltungsbereich des Bebauungsplans lagen, sondern nur an deren Grenze. Der Ausschluss der Gemeinderäte, die Grundstücke im Geltungsbereich des Bebauungsplans besitzen, erfolgte demgegenüber zu Recht.
Festsetzungen im Bebauungsplan hätten direkte Auswirkungen auf die Rechtstellung der Eigentümer von Grundstücken und können daher unmittelbare Vor- und Nachteile im Sinne von § 20 Abs. 1 SächsGemO bringen. Dieser Ausschlussgrund gelte nicht nur bei der Beschlussfassung über den Bebauungsplan in seiner endgültigen Fassung, sondern bereits bei der vorausgehenden Beratung und Entscheidung über die Billigung und Auslegung des Entwurfs. Eine Befangenheit bestehe auch dann, wenn der Bebauungsplan lediglich den status quo festschreibe, weil mit der Festlegung eine später abweichende Nutzung der Grundstücke ausgeschlossen sei.
Bei Grundstücken außerhalb, aber in der Nähe des Plangebiets, gelte dies nicht, da sie von den Festsetzungen des Bebauungsplans grundsätzlich unberührt bleiben. Ein Sonderinteresse könne in diesen Fällen nur dann angenommen werden, wenn die angrenzenden Grundstücke zu dem Plangebiet in einer derart engen Beziehung stünden, dass sich die qualitative Veränderung der im Plangebiet liegenden Grundstücke unmittelbar auf die Nutzungsqualität der angrenzenden Grundstücke auswirke. Ein individuelles Sonderinteresse sei deshalb stets dann zu bejahen, wenn abwägungserhebliche Belange i. S. v. § 1 Abs. 7 BauGB betroffen sind und im Falle eines Normenkontrollverfahrens nach § 47 Abs. 2 VwGO die Antragsbefugnis zu bejahen wäre. Solche abwägungsrelevante Belange waren bei den beiden anliegenden Gemeinderäten aber nicht zu erkennen.
Eine Tätigkeit eines Gemeinderates in einer Bürgerinitiative führe ebenfalls nicht zum Ausschluss wegen Befangenheit.