VG Leipzig zum Bauprogramm und Teilstreckenausbau bei Straßenausbaubeiträgen
In den Urteilen vom 06.02.2024 - 6 K 1362/22 und 6 K 1363/22 hat das VG Leipzig festgestellt, dass zwei Straßenausbaubeitragsbescheide der Stadt Leipzig zur Wurzner Straße rechtswidrig sind. Die beitragsrechtlich maßgebende Verkehrsanlage ist nicht fertiggestellt worden, sodass auch keine Ausbaubeiträge verlangt werden können. Die Stadt Leipzig hatte für einen Teilbereich der Straße keine Ausbauentscheidungen getroffen. Ihrer Auffassung nach war die Wurzner Straße auch ohne einen Ausbau dieser Teilstrecke fertiggestellt worden, denn dieser Straßenteil war nicht ausbaubedürftig.
Das Verwaltungsgericht verwies in seiner Entscheidung auf die Rechtsprechung des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts im Urteil vom 28.9.2016 - 5 A 43/14. Danach ist die Herstellung einer Verkehrsanlage nur auf einer Teilstrecke nur dann beitragsrelevant, wenn die nicht ausgebaute Teilstrecke aus tatsächlichen Gründen nicht mit vertretbarem Aufwand ausgebaut werden kann oder mit Blick auf das Gebot der sparsamen und wirtschaftlichen Haushaltsführung deshalb nicht ausgebaut werden darf, weil ihr Zustand unter keinem denkbaren Gesichtspunkt ein Ausbaubedürfnis erkennen lässt. Denn die kommunalen Straßenbaulastträger haben sich beim Straßenbau nach § 9 Abs. 1 Satz 2 SächsStrG („nach ihrer Leistungsfähigkeit") in finanzieller Hinsicht am kommunalen Wirtschaftlichkeits- und Sparsamkeitsgebot (§ 72 Abs. 2 Satz 1 SächsGemO) und in fachlicher Hinsicht, also der Erweiterung, der Verbesserung, der Erneuerung sowie bei der laufenden Unterhaltung und Instandsetzung (§ 26 Abs. 2 SächsKAG), an den Verkehrsbedürfnissen zu orientieren. Dementsprechend formuliert § 9 Abs. 1 Satz 2 SächsStrG, dass der Träger der Straßenbaulast die Straßen in einem den regelmäßigen Verkehrsbedürfnissen genügenden Zustand zu bauen, zu unterhalten, zu erweitern oder sonst zu verbessern und dabei die sonstigen öffentlichen Belange einschließlich des Umweltschutzes zu berücksichtigen hat. In diesem Sinne wird man einen beitragsfähigen „Teilstreckenausbau" annehmen können, wenn der nicht ausgebaute Teil – sei es durch den Baulastträger oder durch Dritte wie beispielsweise kommunale Verkehrs- oder Abwasserentsorgungsbetriebe – bereits ausgebaut worden ist und dies im Bauprogramm auch festgestellt wurde. Dem Bauprogramm kommt hiernach auch für den Teilstreckenausbau eine ausschlaggebende Bedeutung zu. Im Bauprogramm muss vorgesehen sein, auf welcher Teilstrecke einer Verkehrsanlage ein Ausbau vorgesehen ist (positives Bauprogramm) und auf welcher Teilstrecke ein Ausbau nicht notwendig ist (negatives Bauprogramm). Ohne ein solches Bauprogramm kann weder festgestellt werden, wann die Verkehrsanlage fertiggestellt wurde, noch welcher Aufwand beitragsfähig ist. Das Bauprogramm ist entsprechend den Vorgaben in der Hauptsatzung vom Gemeinderat oder von einem beschließenden Ausschuss oder vom Oberbürgermeister zu beschließen.
Im entschiedenen Fall gab es kein vom Stadtrat oder vom Oberbürgermeister gebilligtes negatives Bauprogramm mit dem Inhalt, dass auf den Ausbau der Teilstrecke mangels Ausbaubedürftigkeit verzichtet werden konnte.